Schätze der Welt

Speicherstadt und Chilehaus in Hamburg, Deutschland

Quelle: Pressebild (ard2017)
Quelle: Pressebild (ard2017)

1888 als größtes Lagerhausensemble der Welt erbaut, trägt die Speicherstadt mit dem benachbarten Chilehaus in Hamburg seit Juni 2015 das Etikett UNESCO-Weltkulturerbe. Das einstige "Reich der Backsteingotik" soll möglichst attraktiv bleiben, um einem Abriss vorzubeugen: als Milieugeber für die angrenzende Hafencity, einem gigantischen Neubauprojekt mit sündhaft teurem Wohnraum. Die Seele der alten Speicherstadt hingegen habe sich verflüchtigt, glaubt man einigen längst pensionierten Speicherarbeitern. Geblieben seien lediglich Fassaden für Agenturen, Theater, Kneipen und Souvenirläden.


1888 als größtes Lagerhausensemble der Welt erbaut, trägt die Speicherstadt mit dem benachbarten Chilehaus in Hamburg seit Juni 2015 das Etikett UNESCO-Weltkulturerbe. Das einstige "Reich der Backsteingotik" soll möglichst attraktiv bleiben, um einem Abriss vorzubeugen: als Milieugeber für die angrenzende Hafencity, einem gigantischen Neubauprojekt mit sündhaft teurem Wohnraum. Die Seele der alten Speicherstadt hingegen habe sich verflüchtigt, glaubt man einigen längst pensionierten Speicherarbeitern. Geblieben seien lediglich Fassaden für Agenturen, Theater, Kneipen und Souvenirläden.

Auflagen des Denkmalschutzamtes und der Titel UNESCO-Weltkulturerbe sorgen dafür, dass zumindest die architektonische Substanz dieses weltweit einzigartigen Ensembles erhalten bleibt. Die Fassaden müssen Rot, die Dächer Grün bleiben. Das gilt auch für das erste Hotel, das 2014 in der Speicherstadt eröffnet wurde.

Den Freihafenstatus hat Hamburg im Jahre 1881 Reichskanzler Bismarck abgerungen: vereinfachter Handel als Gegenleistung für den Beitritt zum Deutschen Zollverein. In nur sechs Jahren wurde in Hamburg das größte Lagerhausensemble der Welt gebaut.
Im Schutz des Kaiserreichs blühte der Handel auf. Die Hansestadt stieg bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges in die Liga der bedeutendsten Häfen der Welt auf. Reparationszahlungen nach dem Ersten Weltkrieg und die Weltwirtschaftskrise dämpften den hanseatischen Kaufmannsgeist. Der Zahlungsverkehr lief fast nur über Devisen, die täglich neu eingetauscht werden mussten. Dennoch beschlossen die Hamburger, das bereits abgerissene "Gängeviertel" gegenüber der Speicherstadt neu zu bebauen.
In diese Bresche sprang der seinerzeit reichste Hamburger Kaufmann: Henry B. Sloman. Er machte mit dem Handel von Salpeter aus Chile ein Vermögen. Sloman beauftragte Fritz Höger, einen Absolventen der Hamburger Baugewerbeschule, mit der Planung und Bauausführung des ersten "Hamburger Wolkenkratzers". Kaum war das Chilehaus an der Fischertwiete in Hamburg 1924 eingeweiht, nahm es als "Ikone des Backsteinexpressionismus" einen prominenten Platz in der Architekturgeschichte ein.

Für Chilehaus und Speicherstadt war der Zweite Weltkrieg eine Zäsur. Während das Chilehaus die Bombenangriffe der Alliierten nahezu unbeschadet überstehen konnte, blieben von den 100 Speichern nur 58 bis Kriegsende stehen. Bereits kurz nach Kriegsende beauftragte die Hamburger Hafen- und Lagerhaus AG den jungen Altonaer Architekten Werner Kallmorgen mit dem Wiederaufbau der Speicherstadt.

Materialknappheit zwang den Architekten zu puristischen Lösungen: Er baute mit Trümmersteinen auf Resten des zerbombten Areals, roter Backstein für die Fassaden und grüner Kupfer für sämtliche Bedachungen. Neben Reparaturarbeiten errichtete Kallmorgen bis zum Jahr 1967 fünf moderne Bürogebäude und schaffte mit dem neuen Kaispeicher A, dem heutigen Sockel der Elbphilharmonie, ein Wahrzeichen für den Hafen.

Bis Anfang der 1970er-Jahre beherbergten die wiederaufgebauten Speicherblöcke bis zu 25.000 Hafen- und Lagerarbeiter. Erst als der Schutenverkehr auf den Fleeten durch Lkw abgelöst und der Handel auf Containertransport umgestellt wurde, hatten Berufsbilder wie Quartiersmänner oder auch Küper, Schauerleute, Winschmänner, Wäger, Tallymänner und Ewerführer ausgedient. Die einst umsatzstarken Tee- und Kaffeekontore zogen ins Hamburger Umland, ebenso der Gewürz-, Speiseöl- und Textilhandel. Geblieben war wenig mehr als Folklore neben einigen Teppichhändlern.

Noch bis Ende 2002 trennte eine der letzten europäischen Grenzen das "Zollausland" des Hamburger Freihafens von der Altstadt. 2003 wurden die Zollgrenzen eingeschränkt. Anfang 2013 verlor die Speicherstadt auf Antrag des Hamburger Senats schließlich vollständig ihren Freihafenstatus und dadurch den entscheidenden Teil ihres ursprünglichen Zwecks

Die Sendung wird ausgestrahlt am Sonntag, den 28.01.2018 um 06:45 Uhr auf NDR.