Schätze der Welt

Mantua - Die ideale Stadt der Renaissance, Italien

Quelle: ARD-Pressebild
Quelle: ARD-Pressebild

Als er verzweifelt nach seiner Flucht aus Verona durch die Gassen von Mantua irrt, hat er kein Auge für die Schönheit der Stadt. Romeo, tragische Figur Shakespeares, im Leid um seine Julia, hat der Stadt seines Exils, Mantua, durch das berühmteste Liebesdrama der Literaturgeschichte, weltweite Berühmtheit gebracht. Dabei hätte der einstige italienische Stadtstaat durchaus selbst jene Aufmerksamkeit verdient, die ihm durch den Glanz seiner Kulturgeschichte zusteht.
Mantua, das zu Romeos Zeit um 1597, in weiten Teilen schon genauso aussah wie es heute der Nachwelt erhalten ist - eine Hochburg der Renaissance. Gut dreihundert Jahre war es das Geschlecht der Gonzaga, die durch ihren wirtschaftlichen Erfolg, aber vor allem durch ihre Kunstverliebtheit Mantua zu einem Zentrum der Kultur der Zeit machte. Die Stadt des Dichters Virgil, des Musikers Claudio Monteverdi, des Malers Andrea Mantegna. Die Gonzaga versammelten die bedeutendsten Architekten ihrer Zeit - Leon Battista Alberti und Giulio Romano um ihre Paläste und Kirchen zu bauen. Dabei gilt die Basilika Sant' Andrea als herausragendes Beispiel der italienischen Renaissance.
Der zentrale Palazzo Ducale, noch heute das dominante Bauwerk von Mantua hat 450 Räume. Zur Hochzeit der Renaissance wurde es von 2.000 Menschen bewohnt, während die Einwohnerzahl zwischen 40.000 und 50.000 schwankte - kaum weniger als heute. Die Räume des Palazzo verfügen nicht nur über eine der längsten Galerien Italiens, sie sind vor allem in ihrer überbordenden Ausschmückung von prächtigster Vielfalt. Die Gonzaga luden dazu maßgebliche Künstler der Zeit ein - Pisanello überzog die Wände mit Raum hohen Fresken, Raphael schuf eine Serie von Tapisserien für vier aufeinander folgende Räume und Rubens malte hier. Aber vor allen ist es Andrea Mantegna, der mit seinen Fresken in der "Camera degli Sposi", dem Brautzimmer im Castello, Mantua bis heute zu einem Pilgerhort für Liebhaber der Renaissancemalerei macht.
Mantua schwelgt in Kunstschätzen auf engstem Raum. Die Stadt ist kompakt und ihr Charakter ist inselhaft. An drei Seiten von Wasser umgeben, liegt sie auf einer Landzunge zwischen künstlich angestauten Seen, die bereits im zwölften Jahrhundert angelegt wurden. Das umgebende Wasser war ein Schutzwall gegen Übergriffe, aber gleichzeitig bildet es einen romantischen Rahmen für eine vergleichsweise kleine Stadt, die wie ein Edelstein kostbar eingefasst von Seen, behütet wird. Auf faszinierende Weise scheint hier die Zeit stehen geblieben zu sein. In einem weitläufigen Park am Ufer der Seen steht der von den Gonzaga gebaute Palazzo del Te. Eine Art Sommerpalast, der Lebenslust und Kultiviertheit der Renaissance zelebriert. Ein Zimmer, das mit Fresken Amor und Psyche gewidmet ist, versteckt seine erotische Freizügigkeit nicht. In Mantua feierte man die Künste und die Schönheiten des Lebens. Und kein geringerer als Monteverdi spielte 22 Jahre seines Schaffens in der Blüte Mantuas und der Renaissance dazu auf.
Die wertvollsten Natur- und Kulturdenkmäler der Welt schützt die UNESCO seit 1972 als "Erbe der Menschheit". Die Fernsehreihe "Schätze der Welt" erzählt von diesen Orten in eindrucksvollen Bildern.
Film von Horst Brandenburg

Die Sendung wird ausgestrahlt am Sonntag, den 29.05.2016 um 06:45 Uhr auf NDR.