Palermo ist ein Mosaik

Die Sizilianer erinnern sich gerne an die ferne, zwei Jahrhundert währende, arabische Episode ihrer Insel. Überall finden sich arabische Reminiszenzen: in der Architektur, in der Sprache, in Küche, Bräuchen, Grabmalen und auch im Prunk der Kathedralen.
Doch vieles was arabisch scheint, ist in Wahrheit normannisch, so auch der Palast von Maredolca. Der Palast befindet sich in Restauration, er wird auch Palast La Favara genannt und liegt in Brancaccio, einem der Viertel Palermos, die dem Besucher nicht ganz geheuer sind. Palazzo d´Emiro ist ein weiterer Name für dieses Gebäude, und als Emirspalast galt er auch in der wissenschaftlichen Literatur. Denkt man sich die abenteuerlichen Ein- und Anbauten weg, in denen bis vor einigen Jahren arme Familien, mit Genehmigung der zuständigen Paten und ohne Kenntnis der Behörden, ihre karge Bleibe hatten, so könnte man sich nichts leichter an diesem Ort vorstellen als einen arabischen Potentaten und seinen Hofstaat.
Die Kulturgeschichte Siziliens ist labyrinthisch. Wie die unterirdischen Bewässerungssysteme. Sie heißen Qanat; das Wort scheint arabisch, hat aber viel ältere Wurzeln. Dennoch haben die Araber die unterirdischen Kanäle gebaut, nimmt man an. Oder ihre Nachfahren. Oder ihre Vorgänger. Das Bild ist verwirrend, oder, mit den Worten von Palermos Bürgermeister, Leoluca Orlando: "Palermo ist kein Bild. Palermo ist ein Mosaik."

Die Sendung wird ausgestrahlt am Sonntag, den 07.08.2022 um 07:35 Uhr auf HR.