Das Ding am Deich – Vom Widerstand gegen ein Atomkraftwerk

2012
Rezension zu Das Ding am Deich – Vom Widerstand gegen ein Atomkraftwerk
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Als Folge der Atomkatastrophe in Fukushima beschloss die Bundesregierung alle Atomkraftwerke bis 2022 auszuschalten. Im norddeutschen Städtchen Brokdorf war das "Ding am Deich" schon immer verhasst. Über dreizehn Jahre lang äußerten Einwohner und Bürgerinitiativen ihren Widerstand durch Demos und Protestaktionen – ohne Aussicht auf einen Kompromiss.

"Wir müssen schneller sein als das Unglück", davon ist der Protagonist Karsten Hinrichsen aus Brokdorf überzeugt. Als 1973 bekannt wurde, dass er bald ein Atomkraftwerk als neuen Nachbarn in seiner Heimat begrüßen würde, fackelte er nicht lange. Anstelle sich ein Notköfferchen und einen Geigenzähler anzulegen, wie manch anderer im Dorf, ging Hinrichsen auf die Straße und später in den Gerichtssaal. Der AKW-Bau spaltete die friedliche Dorfgemeinde: Man war für oder kämpfte gegen die Industrieanlage - für Arbeitsplätze oder gegen die mögliche Gefahr einer Atomkatastrophe.

Die Erzählungen der Protagonisten aus Brokdorf und aus der Wilstermarsch über ihren erfolglosen Widerstand gegen den Bau und den Betrieb des "Dings" machen das Thema Atomstrom, welches jeden betrifft, erfassbar, menschlich und somit begreifbar. Ab und an auftauchende, leicht komische und bejahende Szenen lockern die ernste Thematik auf, so zum Beispiel die Geschichte der Milchbauernfamilie, die ihren Hof zur kostenlose Herberge für Demonstranten zu Verfügung stellte, oder alte Aufnahmen, welche die laienhafte Konstruktion einer Windkraftanlage zeigen. Zudem ist die Nähe, die durch die Offenheit und die Herzlichkeit der Protagonisten entsteht, bemerkenswert.

An was es dem Film jedoch mangelt ist Vielseitigkeit. Der ehemalige Bürgermeister Brokdorfs ist der einzige, der im Film die Seite der AKW-Befürworter vertritt. Möglicherweise hätte die Eingliederung der Sichtweise der jüngeren Generation in Brokdorf Multiperspektivität ermöglichen können. Die Einseitigkeit beeinflusst die Dramaturgie des Films, denn an manchen Stellen wirken die Interviews mit den Protagonisten leicht ermüdend. Lobenswert hingegen ist der besondere Einsatz der Filmemacherin: Als das Fukushima-Unglück im Jahr 2011 geschah, beschloss sie die bereits beendeten Dreharbeiten neu aufzunehmen, um die aktuellen Geschehnisse in den Film zu integrieren.

Der mit dem Max-Ophüls-Preis ausgezeichnete Dokumentarfilm verzichtet auf einen Kommentar und kombiniert Interviews, Landschaftsaufnahmen, Material von Anti-AKW-Demonstrationen, Polizeimaterial sowie Auszüge aus TV- und Radioberichterstattung. Finanziert wurde "Das Ding am Deich" durch die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein.

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Kinostart:23.08.2012 in Deutschland
18.01.2012 in Filmfestival Max Ophüls Preis
weitere Titel:
Das Ding am Deich – Vom Widerstand gegen ein Atomkraftwerk
Genre:Dokumentarfilm
Herstellungsland:Deutschland
Originalsprache:Deutsch
Offizielle Webseite:www.dingamdeich.de
Regie:Antje Hubert
Drehbuch:Antje Hubert
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Rezensionen:

2013
German Film Critics Association Awards
German Film Critics Award
Best Documentary (Bester Dokumentarfilm)
Gewinner
Datenstand: 13.05.2022 12:17:10Uhr