Thomas Piketty

Thomas Piketty [tɔˈma pikɛˈti ] (* 7. Mai 1971 in Clichy) ist ein französischer Wirtschaftswissenschaftler. Er ist Professor an der Pariser Elitehochschule École des Hautes Études en Sciences Sociales (EHESS).

Der breiten Öffentlichkeit wurde er 2014 mit der englischsprachigen Ausgabe seines Werkes Le Capital au XXIe siècle (im Deutschen Das Kapital im 21. Jahrhundert) bekannt, über das bei seinem Erscheinen sowohl innerhalb von Fachkreisen als auch in den allgemeinen Medien für ein Ökonomiebuch außergewöhnlich viel diskutiert wurde.

Piketty konnte 1987 bereits mit 16 Jahren sein Baccalauréat erreichen. Nach zwei Jahren in einer Classe préparatoire begann er 1989 im Alter von 18 Jahren Ökonomie an der École normale supérieure (ENS) zu studieren. Mit 22 Jahren wurde Piketty mit einer Arbeit über Umverteilung promoviert, die er an der École des Hautes Études en Sciences Sociales (EHESS) und der London School of Economics geschrieben hatte, und die im European Doctoral Program in Quantitative Economics gefördert wurde. Von 1993 bis 1995 lehrte er als Assistant Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT). 1995 wurde er Mitglied des Centre national de la recherche scientifique (CNRS) und 2000 Direktor der École des Hautes Études en Sciences Sociales (EHESS), seit 2007 unterrichtet er auch an der dort angegliederten Paris School of Economics.

Während des Wahlkampfes zur Präsidentschaftswahl in Frankreich 2007 war Piketty wirtschaftspolitischer Berater der sozialistischen Kandidatin Ségolène Royal, die schließlich mit 46,94 Prozent der Stimmen dem Konservativen Nicolas Sarkozy unterlag. Der breiten Öffentlichkeit wurde Piketty 2014 mit der englischsprachigen Ausgabe von Das Kapital im 21. Jahrhundert bekannt, über das bei seinem Erscheinen sowohl innerhalb von Fachkreisen als auch in den allgemeinen Medien für ein Ökonomiebuch außergewöhnlich viel diskutiert wurde. Piketty ist Unterzeichner der Berlin Declaration. Er ist seit 2014 mit der Wirtschaftswissenschaftlerin Julia Cagé verheiratet.

Seit Januar 2025 ist Thomas Piketty Kolumnist beim deutschen Wirtschaftsmagazin Surplus.

Piketty forscht insbesondere zu den Themen Einkommensverteilung, Vermögensverteilung und soziale Ungleichheit. Er versteht, laut FAZ, die Wirtschaftswissenschaft als Sozialwissenschaft, der es darum gehen sollte, mit realen Daten reale Probleme zu erörtern oder gar zu lösen. Sein Ansatz sei eine sozialdemokratisch-popperianische Anthropologie des Kapitals.

Langjährige Forschungen in Zusammenarbeit mit Kollegen (insbesondere Anthony Atkinson und Emmanuel Saez) zur Einkommensverteilung zeigen, dass nach einem Rückgang der ökonomischen Ungleichheit in den westlichen Industrienationen zwischen den 1940er und 1970er Jahren die soziale Ungleichheit wieder zugenommen hat.

Piketty zeigte mithilfe der Untersuchung von Einkommensteuern, dass in Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg die Einkommensungleichheit abnahm. Er führt dies auf den Anstieg der Steuerprogression in Frankreich in der damaligen Phase zurück.

Die Zunahme der Einkommensungleichheit nach den 1970er Jahren erklärt nach Piketty auch einen Teil der Finanzkrise ab 2007: „Wenn die Finanzbranche zu stark wachse, fördere dies das Einkommensgefälle, weil entsprechende Vermögensgewinne vor allem den obersten Einkommen zugutekämen“.

Die Daten von Piketty und seinen Kollegen zur Einkommensverteilung und insbesondere zu Top-Vermögen in verschiedenen Ländern führten zur Datenbank World Top Income Database, die seit 2011 online zugänglich ist.[ 11]

In Das Kapital im 21. Jahrhundert verknüpft Piketty seine vorangehenden historischen Forschungen zur Einkommensverteilung und Vermögensverteilung mit einer Theorie des Kapitalismus. Er argumentiert, dass unregulierter Kapitalismus unweigerlich zu steigender Vermögenskonzentration führt. Starke Vermögenskonzentration führe zu einer stagnierenden Wirtschaft und sei eine Bedrohung für die Demokratie. Diese Entwicklung und deren ideologische Legitimation nennt er in Kapital und Ideologie Proprietarismus. Die Sakralisierung des Eigentums sei eine Art Antwort auf das Ende der Religion.

Sobald die Kapitalrendite („r“) größer als das Wirtschaftswachstum („g“) sei, also „r > g“, trete diese Entwicklung ein. In der Geschichte sei r in der Regel größer gewesen als g, im 19. Jahrhundert sei dann erstmals g > r gewesen. Allerdings hätten Ende des 19. Jahrhunderts bis zur Zeit des Ersten Weltkriegs die Kapitaleinkünfte gegenüber dem Wirtschaftswachstum stark zugenommen. Die starke Ungleichheit dieser (in Europa Belle Époque und in den USA Gilded Age genannten) Ära sei dann durch den Ersten Weltkrieg vorerst beendet worden. Dieser sowie die Great Depression und der Zweite Weltkrieg hätten zu einem Abbau der Vermögenskonzentration geführt und somit dazu, dass das Wirtschaftswachstum größer als die Kapitaleinkünfte gewesen sei (g > r). Diese Entwicklung habe um etwa 1980 aufgehört. Seitdem – so in Kapital und Ideologie – kenne die „neo-proprietistische“ Gesellschaft bei wieder steil angestiegener Ungleichheit nur schwache Wachstumsraten. Auch wurde die sozialdemokratische Wählerschaft in allen westlichen Ländern ausgetauscht: Sie umfasse heute vor allem die Kohorte der Akademiker („brahmanische Linke“) an Stelle der früheren vorwiegend bildungsfernen Arbeiterschichten, deren demütigender Repräsentationsverlust alle beunruhigen müsse.[ 12]

In einem Interview mit der Zeit behauptete Piketty, dass Deutschland das Land sei, das nie seine Schulden aus den Weltkriegen bezahlt habe.[ 13] In einem Gastbeitrag in derselben Zeitung warf ihm Historiker Christopher Kopper daraufhin einen Irrtum bei der Analyse der historischen Präzedenzfälle vor.[ 14] In Le Monde machte Piketty die ungleiche Verteilung von Reichtum auch für Terrorismus verantwortlich.[ 15]

Im Oktober 2021 erklärte Piketty über die verwendete Währung im französischsprachigen West- und Zentralafrika: „2021 weiterhin vom CFA-Franc zu sprechen, ist eine Form der Anomalie“. Der CFA-Franc ist eine viel kritisierte Währung.[ 16]

Thomas Piketty war der Lebensgefährte der französischen Politikerin Aurélie Filippetti,[ 17] die 2009 gegen ihn Anzeige erstattete wegen häuslicher Gewalt. Nachdem er sich entschuldigte und die Vorwürfe einräumte, zog Filippetti die Anzeige zurück.[ 18] [ 19] 2022 wurde Piketty wegen Verleumdung gegen seine Ex-Partnerin Filippetti für schuldig befunden, da er öffentlich behauptete, sie sei gewalttätig gegenüber ihren Kindern geworden.[ 20]

Seit 2014 ist er mit der französischen Ökonomin Julia Cagé verheiratet.[ 21] [ 22]

Eine umfassende kapitalismuskritische Kommentierung des Hauptwerks von Piketty wurde von Stephan Kaufmann und Ingo Stützle vorgelegt.[ 23] Richard Sutch bemängelt, dass Piketty einige der zugrundeliegenden historischen Daten zu den USA unvollständig und fehlerhaft interpoliert habe, stellt aber nicht Pikettys Glaubwürdigkeit infrage.[ 24] Auch die Wirtschaftshistorikerin Mary O’Sullivan kritisiert Piketty: „Er kann den Trend der Ungleichheit nicht erklären – weil er die Profitfrage ausblendet.“[ 25] Der Vertreter eines liberal-konservativen Think-Tanks Nicolas Lecaussin kritisiert, dass Piketty die Elitenzirkulation übersehe: Drei Viertel der reichsten Amerikaner seien von 1987 bis 2007 aus der Spitzengruppe herausgefallen. Die Chance, Reichtum zu erwerben, sei ein wichtiger Anreiz zur Gründung neuer Unternehmen.[ 26] Dem widerspricht Piketty mit dem Hinweis, dass immer mehr Menschen vom Kapitalaufbau ausgeschlossen werden. Laut dem Wirtschaftswissenschaftler Vincent Geloso ist Pikettys Folgerung historisch steigender Ungleichheit unbewiesen, da verschiedene neuere wissenschaftliche Untersuchungen darauf hindeuten, dass er „mit den Fakten, Daten und Beweisen“ leichtfertig umgeht und die Fehler ein „durchgehend verzerrtes Muster“ aufweisen.[ 27]

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Quelle: Wikipedia

Details

Vorname:Thomas
Geburtsdatum:07.05.1971 (♉ Stier)
Geburtsort:Clichy
Nationalität:Frankreich
Sprachen:Französisch; Englisch;
Geschlecht:♂männlich
Berufe:Wirtschaftswissenschaftler, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Schriftsteller, Drehbuchautor,
Mitgliedschaft:Econometric Society,

Merkmalsdaten

GND:N/A
LCCN:N/A
NDL:N/A
VIAF:17309833
BnF:N/A
ISNI:N/A
LCNAF:n96050653
Filmportal:N/A
IMDB:12434304X
Datenstand: 26.06.2025 19:47:03Uhr