Über Leben in Demmin

Vor mehr als 70 Jahren, Ende April 1945, wurde die Stadt Demmin in Mecklenburg-Vorpommern als Gemeinschaft traumatisiert. Circa zehn Prozent der Einwohner töteten sich im Zusammenhang mit dem Eintreffen der sowjetischen Soldaten selbst. Das hat Auswirkungen bis in die Gegenwart.


Im Frühjahr 1945 wird Demmin, eine kleine Stadt in Mecklenburg-Vorpommern, zum Ort einer schrecklichen Tragödie: Während die Rote Armee anrückt, nehmen sich hunderte Einwohner das Leben. Sie schneiden sich die Pulsadern auf, vergiften oder erschießen sich.

Eltern töten erst ihre Kinder und dann sich selbst, ganze Familien gehen mit Steinen beschwert ins Wasser. Bis zum Ende der DDR wird über die konkreten Umstände des beispiellosen Massensuizids geschwiegen, die genauen Opferzahlen der kollektiven Hysterie sind immer noch unbekannt.

Neonazis versuchen heute, diese Leerstelle für ihre Zwecke zu missbrauchen: An jedem 8. Mai, dem Tag des Endes des Zweiten Weltkriegs, marschieren sie schweigend durch die Straßen der Gemeinde. Gleichzeitig bemühen sich mehrere Hundertschaften der Polizei, Gegendemonstranten von der Route fernzuhalten.

In der Dokumentation sprechen Überlebende zum ersten Mal von den schrecklichen, lange verdrängten Erfahrungen ihrer Kindheit und Jugend. Neben dem Wunsch nach Versöhnung und dem Willen zu einer ehrlichen Aufarbeitung stehen Hass und Feindseligkeit. So eröffnet der Film an diesem exemplarischen Ort einen neuen Blick auf den weiterhin schwierigen Umgang der Deutschen mit ihrer Geschichte. DOX - DER DOKUMENTARFILM IM BR

Die Sendung wird ausgestrahlt am Mittwoch, den 04.11.2020 um 22:45 Uhr auf BR.