An Impossible Project

2020

Der ehemalige Biologe Dr. Florian Kaps, genannt Doc, machte es sich zur Aufgabe, in den Niederlanden die letzte Polaroid-Fabrik der Welt. Den Plan dafür nannte er "The Impossible Project". Er selbst gründete die Firma Supersense, die sich auf analoge Produkte spezialisiert hat, die vom Aussterben bedroht sind und erfindet sie neu. Filmemacher Jens Meurer begleitet ihn auf seinem Weg, der gleichzeitig ein Wiederentdecken des Analogen ist.

Rezension zu An Impossible Project
Elisa Reznicek
Elisa Reznicek
Leitung Online-Redaktion, Presse & Öffentlichkeitsarbeit im Haus des Dokumentarfilms

Die besten Geschichten schreibt noch immer das Leben. So wie die in „An Impossible Project“ über die versuchte Rettung der letzten Polaroid-Fabrik. Im Fokus steht darin Florian „Doc“ Kaps – ein liebenswerter Spinner, der seine großen Träume mit kleinsten finanziellen Mitteln und ohne substanzielle Erfahrung in Unternehmensführung zu realisieren versucht. Ihn treibt vielmehr die Liebe zu analogen Technologien an, denen er ein verdientes Comeback ermöglichen möchte.

„Es geht nicht darum, dass digital schlecht ist und analog besser – oder andersrum. Es geht darum, das Beste von beidem zum eigenen Wohl zu verbinden“, betont Jens Meurer.

Aus Liebe zum Analogen: „An Impossible Project“

„In einer Zeit, in der alles pro digital war und Leute vor dem Apple-Store gecampt haben, um die Ersten zu sein, die das neue iPhone kriegen, hat Doc gesagt: ‚Ich gehe einfach in die andere Richtung. Koste es, was es wolle.‘ Das hat mich berührt und inspiriert“, erzählt Filmemacher und Produzent Jens Meurer bei der DOK Premiere vom Haus des Dokumentarfilms. „Ich hatte das Gefühl, dass man hier eine positive Geschichte erzählen kann – und eben keine mit erhobenem Zeigefinger.“

Bei der Unternehmung macht es auch nichts, dass die Frage nach einem Business-Plan von Doc kurzerhand mit einer Gegenfrage („Business-Plan? Was ist ein Business-Plan?“) und schallendem Gelächter beantwortet wird. Wer braucht schon eine geschäftliche Strategie, wenn man eine Vision hat? Und die hat der Österreicher, ein ums andere Mal.

Vom Träumen, Scheitern und Weitermachen

Das Geld fehlt, genau wie die chemische Formel für den Polaroid-Film, der sich lange anders entwickelt als es für gelungene Fotos nötig wäre. Weder die alten Tüftler noch die jungen Hipster, die das „Team analog“ verstärken, können zunächst Abhilfe schaffen. Auch dieses Scheitern sowie weitere Rückschläge illustriert „An Impossible Project“ liebevoll als Teil des Weges und nicht als Endpunkt der Reise. Die Botschaft dahinter: Es geht immer irgendwie weiter – und das am besten mit viel Humor.

„Wenn ich mir unsere heutige Gesellschaft anschaue, die so gespalten ist, voller Fake News, Faktenleugnung und Polarisation, habe ich das Gefühl, dass es nicht schlecht ist, auch mal einen Dokumentarfilm zu machen, der nicht bierernst ist“, betont Meurer beim Werkstattgespräch im Rahmen der DOK Premiere. „Obwohl das Thema im Kern schon ernst ist. Die Frage ist schließlich, wie wir jetzt leben und leben wollen.“

Auf 35mm gedreht und vorgeführt

Gedreht wurde „An Impossible Project“ in Zusammenarbeit mit ARRI analog auf 35mm-Film. „Es ist eine sehr befreiende Art so zu arbeiten, wie man es hundert Jahre lang gemacht hat“, führt Meurer bei der DOK Premiere aus. „Pro Drehtag hatten wir im Durchschnitt acht Rollen Film, also acht mal vier Minuten und ein bisschen. Das hat dazu geführt, dass die Leute ihre Gedanken auf den Punkt bringen mussten, wenn sie etwas Wichtiges sagen wollten. Ansonsten war die Rolle zu Ende. Und wenn die achte Rolle durch war, war’s wirklich vorbei. Feierabend! Dann sind wir in die Kneipe gegangen und haben uns darüber unterhalten, was wir an dem Tag erlebt haben.“

Digitale vs. analoge Drehs

Meurer kennt durchaus beide Welten, die digitale und analoge. Er war es beispielsweise, der als Produzent mit „Russian Ark“ von Aleksandr Sokurov den ersten als Single-Take gedrehten digitalen Film in den Wettbewerb von Cannes gebracht hat. Zwanzig Jahre sind seit dem Start des experimentellen historischen Dramas vergangen. Viel Zeit, in der sich die Technik massiv weiterentwickelt hat. Doch was bedeutet das gerade für den Dokumentarfilm?

Meurer ist überzeugt: „Uns alle treiben in dieser immer globalisierter werdenden Welt ähnliche Fragen um: ‚Wie viele Stunden am Tag will ich eigentlich an meinem Smartphone verbringen? Und wie kann ich mich dagegen wehren, von der Techniklawine überrollt und entmündigt zu werden?‘ Die Antworten auf diese Fragen sind sehr menschlich: ein Buch in die Hand nehmen, eine Platte auflegen oder einfach mal die Finger schmutzig machen.“

Original: https://dokumentarfilm.info/index.php/dok-aktuelles/1228-so-war-die-dok-premiere-von-an-impossible-project.html
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Kinostart:26.01.2020 in International Film Festival Rotterdam
20.01.2022 in Deutschland
weitere Titel:
An Impossible Project
Genre:Dokumentarfilm
Herstellungsland:Österreich, Deutschland
Originalsprache:Deutsch
IMDB: 234
Offizielle Webseite:supersense.com
Regie:Jens Meurer
Drehbuch:Jens Meurer
Cosima Lange
Kamera:Thorsten Lippstock
Thomas Antoszczyk
Kolja Brandt
Bernd Fischer
Schnitt:Andrew Bird
Michael Nollet
Zenon Kristen
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Datenstand: 28.07.2022 03:42:56Uhr