Mikrokosmos - Das Volk der Gräser

Morgendunst liegt über der Landschaft. Von hoch in den Wolken fliegt die Kamera der Erde entgegen, zielt auf eine baumbestandene Lichtung zu und schwenkt in die Wiese, in deren Gräserwald sich ihr Blick alsbald verliert. Vom Kosmischen ins Mikrokosmische gleitet man damit, in die Welt der Feld- und Wiesenbewohner, einen Ort, an dem eine Stunde das Gewicht eines Tages erhält und eine Jahreszeit dasjenige eines ganzen Lebens. Dann verstummt die menschliche Stimme: Zirpen, Summen, Surren sind die Sprachen, die hier gesprochen werden. Doch noch schläft man, und die Tautropfen hängen am Grün. Derweil der eine Tropfen verdunstet, versucht eine Ameise am Inhalt eines andern ihren Durst zu stillen. Eine Gottesanbeterin macht ihre Morgentoilette, ein frisch geschlüpfter Schmetterling vollendet seine Verwandlung, dick ragt einer gelben Fliege Hinterteil in die Kamera, behutsam klettert eine Heuschrecke einen Halm empor, der Tag beginnt. Im Zeitraffer entfalten die Blumen ihre Blüten, die Biene ist beim Honigsammeln. Den eben erwachten Marienkäfer plagt der Hunger. Er macht sich über eine Kolonie Blattläuse her. Doch auweia - er hat die Rechnung ohne die Ameisen gemacht, die "ihre Läuse" vehement verteidigen und deren Zuckermilch genüsslich selbst verzehren. Der Tag schreitet voran: Zwei Weinbergschnecken lieben sich, eine Argiope-Spinne lauert in ihrem Netz und wie die Sonne im Zenith steht, erreicht auch das Brummen und Summen in der Wiese seinen Höhepunkt. Die Blumen beginnen zu welken, die Erde kriegt Risse. In der Bruthitze bringen Ameisen ihre Ernte ein, verzweifelt kämpft der Pillendreher gegen die Gesetze der Schwerkraft und versucht seine eben gedrehte Mistkugel gegen den Widerstand eines Dorns nach Hause zu bringen. Im Steilflug gleitet ein Fasan vom Himmel der Erde entgegen und greift den Ameisenhaufen an: Kampf ist angesagt. Langsam zieht der Nachmittag auf und mit ihm nähert sich das Grollen eines Gewitters: Jetzt wirds dramatisch, denn die Regentropfen haben die Wucht von Bomben. Insekten, Käfer und Spinnen als Leinwandstars? Nichts Neues in der Welt des Kinos. Denn dass ein Kamera-Auge dem, was da auf Erden kreucht und fleucht , einiges näher kommt als ein normales Menschenauge, hat man schon lange erkannt, und ebenso, dass Ameisen und Konsorten ein Sozialverhalten an den Tag legen, das dem der Menschen nicht unähnlich ist. Dennoch ist Claude Nuridsanys "Mikrokosmos" weit mehr als ein durchschnittlicher Bio-Film. In dreijähriger intensiver Drehzeit auf einer Wiese in Frankreich entstanden, verdient "Mikrokosmos" das Lob höchster Sorgfalt. An der Kamera standen der Schweizer Kameramann Hugues Ryffel sowie die promovierten Biologen Claude Nuridsany und Marie Pérennou, die ihr reichhaltiges Wissen und ihre einmalige Begabung in der Produktion von Naturfilmen in Frankreich schon häufiger unter Beweis gestellt haben. In "Mikrokosmos" haben die beiden Wissenschafter für einmal dem reinen Dokument abgeschworen. Sie haben ihren Film mit Musik von Bruno Coulais unterlegt, die mit viel Geduld zusammengetragenen Szenen in den Ablauf eines einzigen langen Wiesentages verpackt. Das Resultat ist ein von dramatischen Ereignissen geschüttelter und in grandioser Fotografie festgehaltener "Käferfilm", der punkto Witz Computertrickfilmen wie "Antz" oder "A Bug's Life" in nichts nachsteht.

Quelle: Presseportal

Die Sendung wird ausgestrahlt am Montag, den 22.04.2019 um 11:30 Uhr auf Schweiz 2.

22.04.2019
11:30
Alternative Ausstrahlungstermine:
23.04.2019 09:05 Uhr Schweiz 2
22.04.2019 11:30 Uhr Schweiz 2