Unsichtbar - Unter Sehenden

Film von Philipp Baumgärtner

Schließen sie mal die Augen! Was sehen wir dann? Nichts! Wir sind ja auch sehend, aber für Kathrin Gießner ist das normal. Sie ist seit ihrer Geburt blind. "Ich glaube, früher Lichtimpulse gesehen zu haben. Jetzt sehe ich nichts mehr", sagt die 43-Jährige. Kathrin Gießner lebt in Chemnitz und arbeitet in Leipzig, im "Deutschen Zentrum für barrierefreies Lesen". Dort übersetzt sie gedruckte Bücher für Blinde – in Brailleschrift. Das Wohn- und Arbeitsort so weit auseinanderliegen, ist für sie als Blinde zwar anstrengend, den Weg nimmt sie trotzdem auf sich. Mit all seinen Hürden. In Sachen barrierefreier Nahverkehr haben die Städte in den letzten Jahren ganz unterschiedliche Fortschritte gemacht, aber: "In Leipzig an der großen Straßenbahnhaltestelle am Bahnhof fühle ich mich absolut verloren.", sagt Kathrin Gießner. Im Projekt "ÖPNV für alle" und im "Blinden- und Sehbehindertenverband Sachsen" kämpft sie dafür, dass die Barrieren, die die Gesellschaft den Blinden aufbürdet, verschwinden.
In vielerlei Hinsicht überwindet Kathrin Gießner die Barrieren bereits selbst. Sie lebt mit ihrem sehbehinderten Freund eigenständig. Ihre Wege erledigt sie mit Hilfe eines Blindenstocks. Alltägliche Dinge wie Einkaufen sind dennoch eine Herausforderung. Der Film zeigt, wie man als blinder Mensch Wäsche nach Farbe sortieren kann, Briefe liest und ob bei nicht Sehenden eigentlich Licht in der Wohnung brennt. Kathrin liebt Musik, singt gleich in zwei Chören und sie spielt Goalball – eine Sportart für Menschen mit Sehbehinderung, die im weitesten Sinne an Handball erinnert.
Mit ihrer Arbeit möchte Kathrin Gießner für andere Blinde und auch kommende Generationen ein inklusiveres Leben ermöglichen. Der Film gibt Einblick in ihren Alltag und in eine Perspektive auf die Welt, die vielen sehenden Menschen sonst eher verborgen bleibt.

Die Sendung wird ausgestrahlt am Dienstag, den 29.11.2022 um 03:10 Uhr auf MDR.